Freitag, 20. April 2012

Premiere (die 2.)

Wow, ich habe soetwas wie Fans...oder zumindest einen Kommentartor. Zum Glück habe ich die Benachrichtung per Mail bekommen, sonst hätte ich das Ganze hier echt vergessen. Wie passend, dass ich vor Kurzem eine tolle Meldung gelesen habe, die supergut zum Blogtitel passt.

Also bitte liebe Welt, lies meine Geschichte von Frank (Name kann durch beliebigen männl. Vornamen ersetzt werden, Ähnlichkeiten zu lebenden Personen sind nicht von der Hand zu weisen):


Es ist ein kalter Morgen. Draußen treibt der peitschende Wind den Schneeregen über die bergige Hochebene. Durch die schmalen Ritzen der dürren Hütte zieht es gewaltig. Doch nicht durch die klamme Witterung erwacht Frank an diesem Morgen. Im Flur vor seiner Zimmertür hört er das gleichmäßige Brummen des alten Vorwerk Staubsaugers. Das alleine würde seinen gesegneten Schlaf allerdings nie im Leben unterbrechen. Es ist vielmehr das ohrenbetäubende Getöse, wenn die Elektrodüse mehrmals mit voller Wucht gegen seine Zimmertür gepollert wird. Er weiß Bescheid und seine Laune verdunkelt sich schlagartig. Eben noch in wohligen Träumen geschlummert, jetzt schon wieder im bekackten täglichen Dasein angekommen. Frank zieht seine buschigen Augenbrauen zusammen und verengt seine dunklen Augen zu Schlitzen. Weil das schon seit vielen Jahren so geht, hat Frank mittlerweile eine sehr faltige Stirn und der grimmig bärbeißige Gesichtsausdruck ist zu seinem Markenzeichen geworden. Der schwarze, ungepflegte Backenbart mit seinen kahlen Stellen unterstreicht das nur noch zusätzlich (aber wenn man den lieben langen Tag nichts Richtiges zu tun hat, lässt man sich eben ein wenig gehen). Ginge es nur nach seinem Äußeren könnte er mit seinen gerade mal 28 Lenzen locker den vollen Rentenanspruch geltend machen, aber einem Kinderspielplatz dürfte er sich keine 100 m näheren, weil die kleinen Knirpse es mit der Angst zu tun bekämen.
„Willsde net amool uffsteeehn?“ Das schneidende Organ seiner Mutter übertönt den Vorwerksauger mühelos. Und natürlich pollert sie bei diesen Worten weiterhin kräftig gegen die morsche Holztür. Man könnte ihre luftschutzsirenengleiche Stimme alleine ja vielleicht überhören. Frank antwortet mit einem Brummen, richtet sich auf, reibt sich die müden Augen und schlüpft in seine Sandalen. Sein Nachthemd lässt er gleich an. Wer weiß, wenn Mutter nachher auf den Markt geht, hat er vielleicht nochmal ein Stündchen im molligen Federbett.
Frank schläft wirklich sehr gerne. Leider hat er in dieser Zeit keine Möglichkeit einer erwerbstätigen Beschäftigung nachzugehen. Seiner Meinung nach ist das nicht so schlimm. Jobs gibt es bei der momentanen Wirtschaftslage eh keine und vom kleinen Gemüsekarten hinterm Haus lässt es sich gut leben. Wozu also auch noch arbeiten? Seine Mutter sieht das erwartungsgemäß etwas anders. Ständig macht sie ihm die Hölle heiß und bedenkt Frank mit wenig schmeichelnden Ausdrücken aus dem dialektalen Sprachgebrauch, wie zum Beispiel: „strunzdumm“, „zunixzugebrauche“ und „faulbiszumgehdnetmeeehr“. Das gefällt Frank nicht. Eigentlich hat Frank ein eher gelassenes Gemüt, aber seine Mutter stresst ihn.
Und dann wieder diese Nummer mit Staubsauger, irgendwann langt’s. Frank brodelt innerlich als er träge zum Küchen-Ofen schlurft und sich einen Tee in die abgegriffene „BOSS“ Tasse einschenkt, bei der mittlerweile nur noch die beiden letzten Buchstaben auf der Seite prangen. Er genießt in stoischer Ruhe seinen Tee, während die alte Hexe hinter ihm in ihr typisches Geplärre verfällt.

„30 Joar und noch immer nix erreischd.“ - Wie gesagt, Frank ist erst 28 und hätte somit noch Zeit etwas zu erreichen. Auf diesen Umstand möchte er sie allerdings jetzt nicht hinweisen.

„Was hab isch nur falsch gemachd?“ - Eine rein rhetorische Frage. Natürlich hat SIE nichts falsch gemacht.

„Immer hängd der mit denen annern Debbe ausm Ort rum anstadd schaffe zu gehen.“ - Frank mag seine Freunde. Er unternimmt tatsächlich sehr viel mit ihnen und sie erleben auch tolle Abenteuer zusammen. Die Jungs sind allesamt ganz prima Kerle mit hohen moralischen Ansprüchen und gläubig sind sie auch noch. Manchmal streifen sie tagelang durch die Gegend, unternehmen Wanderungen durch die Berge, bauen Höhlen, spielen mit Feuer und Messern und allerlei gefährlichen Sachen. Was Pfandfinderjungs halt gerne so machen. Aber davon möchte seine Mutter nichts hören.

„Isch hab die größde Luftnummer als soohhn.“ - Dieser Satz ist neu in ihrem Repertoire. Und weil Frank ihn nicht gewöhnt ist, verletzt er ihn tatsächlich. Er verschluckt sich an seinem Tee und muss kurz würgen. Tränen schießen ihm in die Augen (wegen des Tees, nicht weil er weinerlich ist). Seine Mutter brabbelt unaufhörlich weiter vor sich hin, doch ihre Tiraden gehen mittlerweile an Frank vorbei. Er wischt sich mit seinem langen Ärmel über die Lippen und geht ohne ein weiteres Wort in seinem Pyjama nach draußen. Frank hat keinen Bock mehr. Er hat einen Entschluss gefasst und geht entschlossen die Straße hinunter.

Auf seinem Weg reißt er eines der Plakate von der Wand, die schon seit geraumer Zeit überall im Ort über den Aufklebern „Plakate ankleben verboten!“ angebracht sind und die bisher niemand sonderlich beachtet hat. Darauf ist ein Foto von ihm. Seine Kumpels haben ihn damals aufgezogen, als die ersten Plakate aufgehängt wurden. „Oh wir haben eine Berühmtheit unter uns.“, „Schaut hier kommt unser nächstes Male Model of the year.“ Und derlei ironischen Schwachfug haben sie immer erzählt. Es war immer sehr witzig und Frank musste auch immer ein wenig mitlachen, wenn die Jungs sich wieder einen lustigen Spruch ausgedacht hatten. Doch jetzt hatte Frank keinen Bock mehr.


Mit dem Plakat in der Hand, wehendem Schlafanzug, grimmigem Gesicht und ungepflegtem Bart geht Frank schnurstracks ins Büro des ortsansässigen Schutzmanns. Der kennt Frank bereits von Geburt an, schließlich waren sie viele Jahre lang Nachbarn im kleinen Ort.


„Hallo Frank, was treibt dich bei diesem Sauwetter auf die Straße?“, fragt der stets freundliche Gesetzeshüter, der schon bei vielen Streichen der Jungs ein Auge zugedrückt hat.


„Ich hab‘ keinen Bock mehr.“ Antwortet Frank und legt das ISAF-Fahndungsplakat auf den abgewetzten Tresen.

Und das ist auch schon die ganze Geschichte. Dumm ist Frank nicht. Aus Geld hat er sich auch nie etwas gemacht. Er hatte einfach keinen Bock mehr auf den ganzen Stress zu Hause. Nur leider wurde seine Geschichte (wie immer) von sensationsgeilen Medien ausgeschlachtet und völlig überdramatisiert. Egal, Frank hat endlich seine Ruhe: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,828118,00.html

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen